Verbot von Familiennachzug: Mehr Frauen und Kinder auf der Flucht

Von der Aussetzung des Familiennachzugs durch das im Februar 2016 verabschiedete Asylpaket II sind immer mehr syrische Geflüchtete betroffen. Eine Folge davon ist: Mehr Frauen (und ihre Kinder) begeben sich als Alleinreisende auf den Weg nach Deutschland. Sie sind in erhöhtem Maße von Gewalt auf der Flucht betroffen.

Aktuelle Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF)1 bestätigen Befürchtungen von NGOs und Kirchen: Syrische Geflüchtete erhalten seltener einen Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Genfer Flüchtlingskonvention sieht nicht nur den Schutz vor politischer Verfolgung vor, sondern auch vor der Verfolgung aufgrund bestimmter Merkmale wie Nationalität, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.

Nur ‚anerkannte Flüchtlinge‘, das heißt Geflüchtete, die einen Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten, haben das Recht auf Familiennachzug. Der Familiennachzug ist eine der wenigen legalen und ungefährlichen Einreisemöglichkeiten – wenngleich in der Praxis Angehörige im Herkunftsland vor sehr hohen bürokratischen Hürden stehen. Die Familienzusammenführung wird dadurch massiv erschwert bis verunmöglicht.2

Seit März 2016 steigt der Anteil subsidiärer Geschützter bei Antragsstellungen von syrischen Geflüchteten. Während 2014 die Quote noch bei 13,6% lag, stieg sie auf 46% im Juni 2016 an. Menschen mit subsidiären Schutz können zwar nicht ausgewiesen werden, wenn ihnen in ihrem Herkunftsland Todesstrafe, Folter oder Verfolgung drohen. Sie erhalten aber im Gegensatz zu Menschen mit Flüchtlingsstatus zunächst nur eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die verlängert werden kann.

Zudem gilt für subsidiär Schutzberechtigte seit März 2016 ein zweijähriges Verbot für den Familiennachzug. Familien bleiben auf Jahre getrennt. Für Menschen mit diesem Status erschwert dies einen Neubeginn in Deutschland erheblich. Sie machen sich jahrelang Sorgen um ihre Angehörigen, die im Kriegsgebiet oder in überfüllten Lagern in der Türkei leben.

Eine weitere Folge ist, dass nun vermehrt Frauen (und ihre Kinder) die Risiken einer Flucht nach Deutschland auf sich nehmen. Alleinreisende Frauen (und ihre Kinder) sowie LBSTI*-Personen3 sind besonders von sexualisierter und körperlicher Gewalt auf der Flucht bedroht.

Aufgrund der individuellen Verfolgung, die Vielen in Syrien droht, sprechen sich u.a. PRO ASYL und das UN-Flüchtlingshilfswerk dafür aus, syrischen Geflüchteten den Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention zuzusprechen.4 PRO ASYL rät zudem syrischen Geflüchteten eine Verfahrensberatung aufzusuchen. Bei subsidiären Schutzentscheidungen ist eine Klage möglich.

Siehe auch: FHK-Basisinformation zum Aufenthalts- und Flüchtlingsrecht

 


1 Vgl. Pressemitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge: www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/07/asylantraege-juni-2016.html und Pressemitteilung von PRO ASYL: www.proasyl.de/pressemitteilung/asylzahlen-im-juni-2016-fast-die-haelfte-aller-syrischen-asylsuchenden-erhielt-nur-subsidiaeren-schutz/

2 Hürden sind etwa Wartezeiten auf einen VISA-Termin von bis zu 14 Monaten in einem häufig schwer erreichbaren Nachbarland von Syrien. Siehe hierzu: www.proasyl.de/news/familiennachzug-wird-systematisch-verhindert/

3 LSBTI steht für: lesbisch-schwul-bisexuell-transgender-intersexuell

4 Siehe hierzu: www.proasyl.de/news/fluechtlingsschutz-verweigert-familiennachzug-fuer-syrer-wird-weiter-beschraenkt/