Frauenhauskoordinierung e. V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht verheirateten Vaters (Stand 11.05.2012)

Der Gesetzesentwurf zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters (biologischer Vater) ist nur in ganz bestimmten Einzelfällen für gewaltbetroffene Frauen relevant: Ein Kind hat einen rechtlichen Vater (verheiratet mit der Mutter) und einen (mutmaßlichen) biologischen Vater (ohne Anerkennung der Vaterschaft).

Nach der bisherigen Rechtslage wird einem biologischen Vater kein Umgangs- oder Auskunftsrecht eingeräumt. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist das eine Verletzung der europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Demnach kann dem biologischen Vater im Einzelfall ein Umgangs- oder Auskunftsrecht eingeräumt werden.

Das Bundesministerium für Justiz hat einen Gesetzesentwurf zur Stärkung der Rechte des biologischen Vaters vorgelegt. Hat ein biologischer Vater durch sein Verhalten gezeigt, dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will - unabhängig von einer sozial-familiären Bindung - soll er ein Recht auf Umgang erhalten, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Des Weiteren wird dem biologischen Vater, bei bestehendem berechtigtem Interesse, ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes eingeräumt, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Die biologische Vaterschaft soll innerhalb der Prüfung des Umgangs- und Auskunftsrecht festgestellt werden.

Nach Ansicht von Frauenhauskoordinierung e. V. muss in Fällen häuslicher und sexualisierter Gewalt neben der Prüfung, ob der Kontakt zum gewalttätigen biologischen Vater dem Kindeswohl dient, insbesondere die Beziehung zwischen biologischem Vater und der gewaltbetroffenen Mutter besonders beachtet und einbezogen werden. Die Sicherheit und der Schutz der gewaltbetroffenen Mutter (und des Kindes) müssen im gerichtlichen Verfahren im Vordergrund stehen.
Ist ein Kind durch eine Vergewaltigung der Mutter gezeugt worden und drohen durch eine Feststellung der biologischen Vaterschaft (erneute) gravierende psychische Belastungen und eine Retraumatisierung der Frau, ist eine Feststellung der biologischen Vaterschaft für die Mutter unzumutbar. Die Mutter muss das ausdrückliche Recht haben, die Feststellung der Vaterschaft zu verweigern.
Umgangs- und Auskunftsrechte des Täters, die sich aus einer bereits festgestellten biologischen Vaterschaft des Täters ergeben, müssen im Rahmen einer Interessenabwägung gegenüber dem Schutz der Frau zurücktreten.
In Fällen von Stalking stellt das Umgangs- und Auskunftsrecht für den biologischen Vater (Stalker) ein enormes Machtinstrument dar. Das Umgangs- oder Auskunftsrecht kann ausgenutzt werden, um Kontakte zu erzwingen und Informationen über die Mutter (Stalking-Opfer) zu erhalten.

Stellungnahmen zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht verheirateten Vaters (Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz):