Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und weiterer Gesetze

Frauenhauskoordinierung (FHK) nimmt die Möglichkeit wahr, zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 08.November 2021 Stellung zu nehmen.

FHK-Stellungnahme Entwurf Änderung Infektionsschutzgesetz

In dieser Stellungnahme beschränkt sich FHK auf die Perspektive gewaltbetroffener Frauen und die Situation von Frauenhäusern:

FHK begrüßt, dass die Änderung des IfSG staatliche Maßnahmen zum Infektionsschutz bei SARS-CoV-2 einem regulären parlamentarischen Verfahren unterstellen wird. Die bisherige Tendenz aber, die Situation gewaltbetroffener Frauen und die der Frauenhäuser nicht mitzudenken, setzt sich leider fort. Anzumerken ist, dass Frauenhäuser als Schutzunterkünfte, in denen Frauen und Kinder leben, besonders von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen sind. Durch die Vielzahl an Menschen, die unter einem Dach wohnen, sowie die oft beengten Verhältnisse ist das Infektionsrisiko für die Bewohner_innen und für Mitarbeitende besonders hoch. Da Frauenhäuser keine stationären Einrichtungen oder eine gemeinschaftliche Wohnform darstellen, fallen sie aus den gesetzlich umschriebenen Kategorien heraus. Wenn das IfSG die Voraussetzungen für besondere Hygiene-, Schutz- und Gesundheitsmaßnahmen schaffen will, müssen Frauenhäuser mitgedacht werden. Die daraus resultierenden Finanzierungsfolgen für Frauenhäuser müssen einbezogen werden: Muss die Zahl der Aufnahmen reduziert werden, muss die staatliche Förderung angepasst werden oder das SodEG eingreifen. Werden Teststrategien entwickelt, muss die Kostenübernahme an die besondere Situation von gewaltbetroffenen Frauen angepasst werden. Auch der Verpflichtung zu Tests für die Mitarbeiter_innen an der „Arbeitsstätte Frauenhaus“ muss eine entsprechende Mehr-Finanzierung folgen. Die Aufklärung und Überzeugung zur Impfung bedeutet insbesondere gegenüber traumatisierten Personen, teilweise verbunden mit Verständigungsschwierigkeiten, einen hohen Aufwand, für den Ressourcen ermöglicht werden müssen.

Sind Schließungen von Einrichtungen vorgesehen, muss die Arbeit von Frauenhäusern als absolut systemrelevant eingestuft werden, da Frauenhäuser für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder oft die erste Anlaufstelle und Schutzeinrichtung sind. In dieser besonderen Eigenschaft bedarf es für sie besonderer Aufmerksamkeit bei allen rechtlichen Rahmenbedingungen. Das Hilfesystem für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder muss auch während der Corona-Pandemie aufrecht erhalten bleiben. Eine entsprechende Verpflichtung, ergibt sich nicht zuletzt auch aus den Art. 22 u. 23 der von Deutschland ratifizierten Istanbul-Konvention.


 

[1] Mit Frauen sind grundsätzlich alle cis Frauen, trans Frauen, intergeschlechtliche Frauen sowie alle Menschen gemeint, die sich als Frauen oder Mädchen verstehen.