Deutschland übernimmt EU-Ratspräsidentschaft

Welche Rolle spielt der Kampf gegen Gewalt an Frauen und für die Gleichstellung der Geschlechter, wenn die Bundesrepublik in den kommenden sechs Monaten dem Rat der Europäischen Union vorsteht?

EU-Ratspräsidentschaft, Quelle: Unsplash, Sara Kurfeß

Am Mittwoch, dem 01. Juli 2020, hat die Bundesrepublik die EU-Ratspräsidentschaft für die kommenden sechs Monate übernommen. Unter dem Motto „Gemeinsam. Europa wieder stark machen.“ liegt der Fokus des deutschen Vorsitzes auf der Bewältigung der COVID-19-Pandemie und ihrer Folgen. Als Arbeitsschwerpunkte benennt das Programm:

  • die dauerhafte Überwindung der Corona-Krise und wirtschaftliche Erholung;
  • ein stärkeres und innovativeres Europa;
  • ein gerechtes und nachhaltiges Europa;
  • ein Europa der Sicherheit und der gemeinsamen Werte;
  • ein starkes Europa in der Welt.

Welche Rolle spielen Geschlechtergerechtigkeit und geschlechtsspezifische Gewalt?

Das Thema Gleichstellung ist im Programm der deutschen Ratspräsidentschaft dem Themenschwerpunkt „Ein gerechtes Europa" zugeordnet. Bezüglich der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen heißt es dort explizit:

„Um Frauen auch in Krisenzeiten besser gegen Gewalt zu schützen, werden wir uns weiter für die Ratifikation der Istanbul-Konvention des Europarats durch die EU und aller Mitgliedstaaten einsetzen. Wir werden in unserer Präsidentschaft für den europaweiten Ausbau und Zugang zu Schutz und Beratung werben." (Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, S.13)

Dabei soll die gleichstellungspolitische Agenda über die deutsche Ratspräsidenschaft hinaus durch Slowenien und Portugal bis Dezember 2021 fortgeführt werden. Auf einer gemeinsamen Videokonferenz am 06. Juli unterzeichneten die drei Staaten die unter deutscher Federführung entstandene „Erklärung der Trio-Präsidentschaft zur Gleichstellung der Geschlechter" mit insgesamt 11 gemeinsamen Forderungen sowie den jeweils durch die Länder geplanten Maßnahmen. Im Fokus der deutschen Präsidentschaft stehen

  • die Verringerung der Gender Pay Gap in der EU
  • ein Wandel geschlechtsbezogener Rollenklischees sowie
  • der Ausbau des Hilfesystems gegen Gewalt an Frauen (mit besonderem Blick auf die Stärkung der Istanbul-Konvention in allen EU-Ländern).

Insbesondere beim Thema Istanbul-Konvention steht die Bundesregierung vor einer beachtlichen Herauforderung: In den vergangenen Monaten signalisierten verschiedene EU-Staaten ihre Ablehnung bzw. Rücktrittsbestrebungen bezüglich der Konvention. Zuletzt votierte Ungarn noch einmal ausdrücklich gegen eine Ratifizierung.

Was folgt?

Der Vorsitz im Rat der Europäischen Union wechselt alle sechs Monate. Zuletzt hatte Kroatien den Vorsitz inne. Am 01. Januar 2021 wird Portugal die Präsidentschaft – in gemeinsamer inhaltlicher Koordination mit Deutschland und Slowenien – übernehmen.

Zum vollständigen Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gelangen Sie hier. Zu den geschlechterpolitischen Aspekten hat der deutsche Frauenrat ausführlich Stellung genommen, wie Sie an dieser Stelle nachlesen können.