Im April 2021 hat die Bundesregierung ihren sechsten Armuts- und Reichtumsbericht verabschiedet. Frauenhauskoordinierung (FHK) hat den Bericht mit großem Interesse erwartet und gelesen. Leider findet die strukturelle Verknüpfung von Armut und der Gewaltbetroffenheit von Frauen mit keinem Wort in dem Bericht Erwähnung. Häusliche Gewalt ist kein Thema, das nur Frauen aus bestimmten sozialen Schichten betrifft, allerdings treibt häusliche Gewalt nicht selten in die Armut. Gleichzeitig sind Armut bzw. Abhängigkeit vom gewalttätigen Partner und eine fehlende auch finanzielle Perspektive oft der Grund, dass Frauen keinen Ausweg aus der Gewalt finden.
Zusammenhang von Armut und Gewalt
Die von FHK veröffentlichte Bewohner_innenstatistik für das Jahr 2019 zeigt, dass die Mehrzahl der Frauen, die in einem Frauenhaus Schutz suchen, schon vor ihrem Einzug mit einem erhöhten Armutsrisiko leben: lediglich ein Fünftel der Bewohner_innen war vor ihrem Frauenhausaufenthalt erwerbstätig, und von diesem war lediglich ein Drittel vollzeitbeschäftigt. Ein Viertel der Erwerbstätigen war geringfügig beschäftigt. Somit kann die Einkommenssituation der Bewohner_innen in Frauenhäusern mehrheitlich als prekär bezeichnet werden. Die Situation verschlimmert sich durch den Frauenhausaufenthalt oft zusätzlich.1
Der Armutsbericht erfasst Gewalt und Gewalt gegen Frauen nur im Kontext von Wohnungslosigkeit und verkürzt damit den Zusammenhang von Gewalterfahrungen und Armut massiv. Häusliche Gewalt muss als entscheidender Faktor, der zu Armut führt oder der durch Armut verschärft wird, in einer Analyse unbedingt miteinbezogen werden. Nur so kann eine angemessene Bekämpfung und Prävention sowohl von Armut als auch von geschlechtsspezifischer Gewalt erfolgen.
1 FHK, Statistik Frauenhäuser und ihre Bewohner_innen - Bewohner_innenstatistik 2019 Deutschland, S. 17-18 (https://www.frauenhauskoordinierung.de/fileadmin/redakteure/Publikationen/Statistik/FHK-Bewohner_innenstatistik_2019_WEB.pdf, zuletzt abgerufen: 20.04.2021).