Berlin, 10.10.2024. Anlässlich des World Homeless Days machen Frauenhauskoordinierung e.V. (FHK) und Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) auf gravierende Lücken beim Schutz wohnungsloser gewaltbetroffener Frauen aufmerksam. Eine aktuelle FHK-Studie zum Thema Inklusion im Frauengewaltschutz unterstreicht, dass notwendige Investitionen in den Bereich über Jahre versäumt wurden. Gemeinsam mit der BAG W fordert FHK Bund, Länder und Kommunen dringend dazu auf, die seit Jahrzehnten bestehenden Versorgungslücken zu schließen.
Sabine Bösing, Geschäftsführerin der BAG Wohnungslosenhilfe: „Auch wohnungslose, von Gewalt betroffene Frauen benötigen Zugang zum Frauengewaltschutz. Schutzeinrichtungen für Frauen und die Wohnungsnotfallhilfe müssen dafür nicht nur besser miteinander vernetzt sein und kooperieren als bisher, sondern vor allem endlich bedarfsgerecht ausgestattet werden.“
Die engen Zusammenhänge zwischen Gewalt und Wohnungslosigkeit sind hinreichend bekannt:
- Gewalt durch den Partner und in der Herkunftsfamilie verursacht häufig die Wohnungslosigkeit von Frauen.[1] Verlässt eine gewaltbetroffene Frau die gemeinsame Wohnung, drohen Wohnungslosigkeit und Armut.
- Viele wohnungslose Frauen wollen nicht als „wohnungslos“ identifiziert und stigmatisiert werden. Um der „Straße“ oder gemischtgeschlechtlichen kommunalen Unterbringungen zu entgehen, gehen sie oft gewaltgeprägte Zweck- und Abhängigkeitsbeziehungen ein.
- Lebt eine Frau zum Zeitpunkt der Gewalterfahrung bereits seit längerer Zeit auf der Straße, in Notschlafstellen oder in gemischtgeschlechtlichen Gemeinschaftsunterkünften, können Frauenhäuser ihr oftmals kein adäquates Angebot machen. Es mangelt an geeigneten Konzepten und entsprechenden Ressourcen.
- Auch gewaltbetroffene Frauen, die Schutz und Unterstützung in einem Frauenhaus finden, suchen anschließend oft vergeblich nach einer bezahlbaren Wohnung. Vielen bleibt dann nur die Wahl zwischen Rückkehr in die Gewaltbeziehung oder Wohnungslosigkeit.
„Wirksame Hilfe gegen geschlechtsspezifische Gewalt ist ohne bezahlbaren Wohnraum in vielen Fällen nicht zu denken,“ betont Christiane Völz, Vorstandsvorsitzende von FHK. „Wenn kein sicherer Wohnraum zur Verfügung steht und die Flucht ins Frauenhaus gleichzeitig der Schritt in Wohnungslosigkeit und Armut bedeutet, hindert das viele Frauen daran, sich aus einer gewaltvollen Beziehung zu lösen."
Für einen nachhaltigen Gewaltschutz sind daher Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und Wohnungskontingente für Frauen in Wohnungsnotfällen ebenso dringlich erforderlich wie die angemessene Ausstattung der Gewaltschutzeinrichtungen.
Der geplante bundesgesetzliche Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe bei Gewalt (Gewalthilfegesetz) eröffnet erstmals die Chance, Schutzlücken zu beseitigen und die teils prekäre Finanzierung von Schutzeinrichtungen deutschlandweit nachhaltig und in angemessener Höhe sicherzustellen.
„Wenn Deutschland dabei die Anforderungen der Istanbul-Konvention wirklich erfüllen will, statt bestehende Barrieren zu reproduzieren, muss die zielgruppenorientiertere und bedarfsgerechtere Ausrichtung im Gewaltschutz ermöglicht werden“, erklärt Völz. „Und das gibt es nicht zum Nulltarif."
[1]https://www.bagw.de/fileadmin/bagw/media/Doc/POS/POS_21_Empfehlung_Gewaltschutz.pdf