Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters

Künftig sollen alle bisher dezentral in Ausländerbehörden gespeicherten Daten - darunter ggf. sensible Informationen zu Gesundheitszustand oder sexueller Orientierung - zentral ins Ausländerzentralregister (AZR) überführt werden. So sieht es der Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des AZR vor, über den der Bundesrat am 25. Juni 2021 final abstimmt. Frauenhauskoordinierung fordert die Länderregierungen auf, den Gesetzesentwurf aufgrund der Fehleranfälligkeit und Missbrauchsgefahr nicht zu bestätigen.

Bild Stellungnahme Gesetzesentwurf Weiterentwicklung AZR

Am Freitag, den 25. Juni 2021, wird der Bundesrat über den Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters (AZR) abstimmen. Der Bundestag hat den Entwurf bereits am 09.Juni 2021 angenommen.[1]

Im AZR werden personenbezogene Daten von allen Personen aus dem Ausland, insbesondere denen, die die Absicht haben sich mindestens drei Monate in Deutschland aufzuhalten oder dies seit mindestens drei Monaten tun, zentral gespeichert.[2]

Durch den Gesetzentwurf sollen nun noch mehr Daten als bisher im AZR gespeichert werden. Alle bisher dezentral in den jeweiligen Ausländerbehörden gespeicherten Daten sollen nun ins AZR überführt werden. Das umfasst unter anderem auch Asylbescheide, die eine Vielzahl höchstpersönlicher Informationen über die antragstellende Person enthalten, wie zum Beispiel die sexuelle Orientierung oder sensible Gesundheitsdaten. Der Gesetzentwurf sieht zwar vor, dass eine Speicherung von Asylbescheiden nur erfolgen darf, sofern „überwiegende schutzwürdige Interessen des Ausländers dem nicht entgegenstehen“, und dass „Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung unkenntlich zu machen [sind]“. Dies reicht jedoch nicht aus, um den Schutz der Personen zu gewährleisten. Der Entwurf enthält keine Angaben dazu, wie eine Person „überwiegende schutzwürdige Interessen“ geltend machen kann, und die Unkenntlichmachung von personenbezogenen Daten durch die Ausländerbehörden ist sehr fehleranfällig. Dem steht gegenüber, dass die erweiterte Datenspeicherung einerseits kaum einen Nutzen für die Betroffenen hat, für sie andererseits aber mit hohen Risiken verbunden ist: Die Daten des AZR können von den unterschiedlichsten Behörden abgerufen werden und es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch ausländische Behörden und sogar die Behörden des Verfolgerstaates an die Daten gelangen. Da Asyl grundsätzlich gewährt wird, wenn die Person staatlicher Verfolgung ausgesetzt wird bzw. der Staat keinen angemessenen Schutz vor Verfolgung durch Dritte gewährt, ist es absolut zu verhindern, dass der Verfolgerstaat an sensible Daten über die asylsuchende Person gelangt. Dies könnte nicht nur eine Lebensgefahr für die asylsuchende Person in Deutschland bedeuten, sondern zudem auch die zurückgebliebenen Familienangehörigen der verfolgten Personen im Herkunftsstaat gefährden. So kann dies dazu führen, dass diese wiederum selbst Repressionen dafür erfahren, dass sie der verfolgten Person geholfen oder sie gedeckt haben. Dies gilt natürlich auch für asylsuchende Frauen, die vor geschlechtsspezifischer und/ oder häuslicher Gewalt geflohen sind und in Deutschland auch Unterstützung im Hilfesystem gegen Gewalt an Frauen suchen.

Frauenhauskoordinierung (FHK) stellt sich entschieden gegen den Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters und fordert die Landesregierungen auf, ihn nicht zu bestätigen. Eine derart weitreichende zentrale Datenspeicherung birgt eine große Fehleranfälligkeit und Missbrauchsgefahr. Darüber hinaus liegt hier nach Ansicht von FHK ein massiver Eingriff in das Recht auf Privatsphäre vor, das sowohl gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8) und dem deutschen Grundgesetz als Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1) jedem Menschen zusteht. Dieser Eingriff ist dabei nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig.

 


[1] Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters  (19/28170) in der vom Innenausschuss geänderten Fassung vom 19.05.2021 (https://dserver.bundestag.de/btd/19/298/1929820.pdf, zuletzt abgerufen: 21.06.2021).

[2] Bundesverwaltungsamt, Ausländerzentralregister (https://www.bva.bund.de/DE/Das-BVA/Aufgaben/A/Auslaenderzentralregister/azr_node.html, zuletzt abgerufen: 21.06.2021).